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Meine erste Tour

Die erste Tour (der erste Versuch)


Der Urlaub für das Jahr 1990 rückte näher. Am 1. August sollte der Startschuss fallen, unser Ziel war der Kreuzberg in der Rhön, ruhige Nächte im Kloster, gutes Essen und eine Landschaft wie gemalt. Es kam dann doch anders. Meine Frau suchte seinerzeit Arbeit als Pflegerin in einem Altenheim, und genau an diesem Wochenende bekam sie die Zusage. Ich fiel aus allen Wolken und der Urlaub natürlich aus. Mit hängenden Ohren erklärte ich meinem Chef am folgenden Montag die Situation, so konnte ich meinen Urlaub bis Anfang September verschieben.

Nun musste ich meinen Urlaub also allein verbringen, aber wo und wie? Auf der Suche nach Inspiration kam mir das Fahrrad in den Sinn: Wie wäre es denn mit einer Radltour? Natürlich in den Norden, denn sollte da irgendwo ein Berg 'rumstehen, kann man locker drumherum fahren...

Nach der Anschaffung einiger wasserdichter Taschen und bepacken derselben ging's los.

Eine genaue Reiseroute hatte ich nicht, aber meine Nase, einmal eingenordet, wies mir die Richtung entlang der Fulda nach Kassel.

Nach ca. 90 km hörte ich ein unangenehmes „Ping“ vom Hinterrad, wo sich offensichtlich eine Speiche auf den Weg in den Speichenhimmel gemacht hatte. Klar: Wenn sowas passiert, passiert's wenn keine Werkkstatt in der Nähe ist (hätte mir am Samstag Nachmittag eh' nichts genutzt). Also Zähne zusammengebissen und weiterfahren (noch 70 km bis zum Etappenziel, Immenhausen). Dort gab's zwar was zu Essen, nette Gesellschaft, eine Dusche, ein Bett, aber: Keine Speichen! Was soll's, ist doch nur'n Stückchen Draht. Ich reduzierte das Gewicht und liess das nun (vorerst) überschüssige Gepäck in Immenhausen bei einem Freund zurück, mit der Hoffnung, in Bad Karlshafen eine Reparaturmöglichkeit zu finden. Meine Freude an der Fahrt durch den Reinhardswald wurde leider von den nervenden Geräuschen der hinteren Bremse an der Felge getrübt, ganz offensichtlich waren die Speichen genau abgezählt (von wegen „nur'n Stückchen Draht“).

In Bad Karlshafen gab's alles, was das Herz begehrt, solange es keine Fahrradwerkstatt ist. Glücklicherweise wohnte ein befreundeter Modellflieger (Modellflug ist mein zweites Hobby) in der Nähe, und so wagte ich einen Anruf. Mein Problem war im großen und Ganzen nicht die fehlende Speiche, sondern die Belastung der Übrigen durch das Gepäck. Dieses wurde nun komplett ins Auto meines Freundes umgeladen und von Ihm freudlicherweise nach Hameln expediert (mein nächstes Ziel), während ich mich entlag der Weser auf den Weg machte. Nachdem wir uns in Hameln wieder getroffen hatten, wurde ein Dachgeber ausgemacht, und ich konnte mein müdes, aber sorgenvolles Haupt zur wohlverdienten Ruhe betten.

Der Montagmorgen beglückte mich zuerst mit einem Frühstück am Bett und dann mit einer Werkstatt „gleich um die Ecke“. Es versteht sich von selbst, daß Diese Montags geschlossen war...

Ein beherzter Druck auf die Türklingel, dem Chef mein Leid geklagt, und endlich war ich Speichentechnisch wieder voll da.

Nun hatte ich zwar wieder ein funktionierendes Radl, aber in der Aufregung vergessen, ein Ziel auszusuchen. So ging's in Blaue an der Weser entlang bis nach Rinteln, von dort über das Steinhuder Meer bis nach Schwarmstedt.

Am nächsten Morgen machte sich die Anschaffung der wasserdichten Taschen bezahlt, denn es herrschte ein ungemütliches Nieselwetter. In der Hoffnung auf Wetterbesserung machte ich mich auf den Weg, aber aus dem Nieselregen wurde echter Regen.

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, daß mein Patenkind mit seiner Familie in Soltau lebt. Ich erwähne das, weil ich in der schwärzesten Stimmung ob des miesen Wetters einen Wegweiser in eben dieses schöne Städtchen ausmachte. Nach dem herzlichen Empfang verlebten wir einen netten Abend und -ich konnte mein Glück kaum fassen- der Regen hörte endlich auf.

Der nächste Morgen fand mich auf dem Weg nach Lüneburg, wo ich mich bei einem Bekannten aus Fulda angemeldet hatte, welcher inzwischen seine Zelte dort aufgebaut hatte. Eine Stadtführung später war ich bereits auf dem Weg zu meiner nächsten Etappe, Celle. Hier fand ich wieder Unterschlupf bei einem Dachgeber.

Die Dachgeber-Idee ist wirklich grossartig: man findet nicht nur eine Übernachtungsmöglichkeit, sondern eigentlich immer -und das ist das Schönste bei dieser Idee- nette Untehaltungen mit Gleichgesinnten, einen regen Erfahrungsaustausch und nicht selten neue Freundschaften.

Von Celle aus ging meine Tour weiter über Braunschweig nach Goslar, wo der Dachgeber mich kurzerhand zum Stadtfest mitnahm (was in der Folge einen weiteren Urlaubstag erforderlich machte).

Das nächste grössere Ziel war Göttingen, und zwar über Clausthal-Zellerfeld. Das Wetter war übrigens (wieder mal) schlechter geworden, und so dachte ich mir: “Wenn schon Wasser, dann aber richtig“ und machte mich auf zur Weser. Über Reinhardshagen und Hann.-Münden kam ich in Kaufungen an, wo ich einen alten Freund just bei der Geburtstagsfeier überraschte. Wegen des inzwischen sehr stattlichen Bartes wurde ich nicht gleich erkannt. Aber das war natürlich kein Problem.

Nach einem Pausentag, mußten die Kalorien wieder runter, also wurde eine Bergtour. Durch den Kaufunger Wald an die Werra und weiter nach Witzenhausen. Burg Hanstein wurde noch besichtigt, Burg Ludwigstein lag leider in der DDR. Mein Dachgeber wohnte im Mittelgebirge Meißner. Ein Ohr horchte immer nach einem PING, aber die Speichen haben gehalten. Auch hier eine freundlichen Aufnahme beim Dachgeber und wie sollte es anders sein, es wurde bis in die Nacht gefachsimpelt. Der Letzte Tag brach an, es sollte nachhause gehen. Nach einem guten Frühstück wurde ich von meinem Gastgeber mit den besten Fahrradgrüßen auf die Reise geschickt. Kaum hatte ich den Gipfel des Meißner überschritte, in der schönsten Talfahrt hatte mein Hinterrad doch noch einen Plattfuß. Ersatzschlausch war nicht da, also Loch suchen und flicken. Danach stand meiner Heimfahrt nichts mehr im Wege, am Abend bin ich gesund, munter und mit viel neuem Wissen ausgestattet zuhause angekommen.

Übrigens, die erste gebrochene Speiche habe ich noch immer, leider war es bis Heute nicht die Letzte.

Die Tour war geschafft. Deutschland feierte die Wiedervereinigung und neue Pläne mit dem Blick nach Osten wurden geschmie­det. Auf der Suche nach einem Mitfahrer wurde ich auf einen jüngeren Arbeits­kollegen aufmerksam der sich auch für meine Ideen begeis­tern konnte. Jetzt hies es in die Pla­nungsphase einzu­steigen, aber als erstes mußte die Technik abgeklärt werden. Für mich war klar, Taschen mußten angeschaft werden, denn alles Gepäck auf den Ge­päckträger zu packen, schien nicht sehr gut zu sein. Auf das Zelt wurde noch verzich­tet, aber Taschen, Lowrider und ein starker Gepäckträ­ger waren wichtig. Ein Gedanken mußten auch der Bereifung gewidtmet werden. Geplant war: „ Der Rennsteig.“