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Über die Berge: San Bernardino, San Gotthard, Furka

Die Passhöhe des San Bernardino war nicht mehr weit entfernt, aber hoch. Beim Frühstück wurde mir gesagt, zwischen zwei und drei Stunden müsste es zu schaffen sein, diesen Zeitplan habe ich dann doch um fast eine ganze Stunde überschritten. Also los; es war leichter als erwartet. Am Anfang der Serpentinen wurde ich von einem Radfahrer überholt,der freundlich grüßte. Die Steigung habe ich zwischen 5 und 7% geschätzt und war im kleinen Gang für mich noch zu bewältigen. So ging es langsam aber sicher bergauf. Zwei, drei Haarnadelkurven, kurze Verschnaufpause, ein Stück Film gedreht und die Fahrt ging weiter. Da ich allein und sehr langsam nach oben gefahren bin, hatte ich auch ausreichend Zeit, die schöne Berglandschaft zu bewundern. Mit jedem bewältigten Höhenmeter gab es neue Bilder, man schaut nicht mehr gegen den Berg, sondern ist auf gleicher Höhe und sieht zum großen Teil hinter die Hänge in von unten nicht sichtbare Täler.

Passo del S. Bernardino Passhöhe 2065 m


Und dann war ich oben. Ob ich vor Stolz 10 oder 20 cm gewachsen bin, ist nicht nachgemessen worden, gefreut habe ich mich sehr. Nachdem ich mich auf dem Pass umgeschaut hatte, traf ich wieder auf den Fahrradfahrer der mich am Eingang der Serpentinen überholt und dabei sehr freundlich gegrüßt hatte. Richi hat er sich vorgestellt und ich hatte auf einem Teilstück der Tour einen Mitfahrer. Richi kannte sich gut aus, mein Ziel war Bellinzona und so haben wir dann zusammen die Tour weitergeführt. Einige Betonbauten, die mir schon im Steigungs-bereich aufgefallen waren, konnte Richi mir erklären. Durch den San Bernardino führt ein Tunnel und dieser Tunnel muss auch entlüftet werden und diesem Zweck dienten die Beton-türme.
Es ging jetzt endlos bergab. Wäre ich von Süden nach Norden gefahren diese Steigung hätte ich sicherlich nicht geschafft, denn laut meiner Karte liegt Bellinzona auf 242 Höhenmeter. Über 1800 Höhenmeter ging es bergab mal steiler, mal weniger steil. Mittagessen wurde in Mesocco eingenommen. Noch ein paar Einkäufe, dann weiter bergab. Kurz vor Bellinzona mussten wir uns verabschieden. Richis Weg führte in eine andere Richtung, und so fuhr jeder wieder seine eigene Strecke. In unserem Gespräch habe ich Richi gegenüber auch von meiner Internetseite erzählt. Gefreut habe ich mich dann sehr, nachdem ich wieder in der Heimat war, dass ich von ihm eine Nachricht vorfand. Dafür hier noch einmal ein Dankeschön an Richi.
Noch eine kurze Strecke und auch ich hatte mein Ziel Bellinzona erreicht. Am Bahnhof stand ein Wegweiser zur Jugendherberge. Sehr schön, aber ein wenig versteckt, habe ich sie auch gefunden, und Platz hatte sie auch noch. Nachteil der Jugendherberge, sie lag direkt neben dem Bahngelände und im 30 Minuten Takt fuhren die Züge immer quer durch unser Zimmer. Das Haus wurde gut bewacht. Im Fremdenführer kann man nachlesen: Bellinzona, Bewacherin bedeutender Handelswege.

 Festungsgemäuer in Bellinzona

Bellinzona, seit 1878 Hauptstadt des Kantons Tessin, war einst stolze Bewacherin bedeutender Handelswege. Davon zeugt das System der Befestigungsanlagen, welches sich aus drei Burgen zusammensetzt, die untereinander durch Wälle verbunden sind.
Das Bild zeigt einen kleinen Teil der Anlagen , direkt an der Jugendherberge. Der folgende Tag war als Pausentag eingeplant und wurde auch so verwendet. Der Wettergott hat es nicht so gut gemeint: Ein sehr schwüler Sonntag mit 38° im Schatten bei hoher Luftfeuchtigkeit. Wir haben in der Herberge in Badehose, still vor uns hin geschwitzt. Zum Abend wurde das Wetter freundlicher und der Montag war wieder angenehm in Sachen Wetterlage.
Der nächste geplante Pass war der Gotthard. Bei klarem Himmel ging es am Montag weiter dem Gotthard entgegen. Eine leichte Brise wehte und wirkte kühlend. Also rauf auf den Sattel und den Radweg suchen.
Schnell war er auch gefunden und Bellinzona Richtung Gotthard verlassen. Glaubte ich... erst viel später habe ich festgestellt, dass der Radweg richtig war, die Richtung aber falsch. Ich war in südlicher Richtung unterwegs. 180° Kurve und wieder zurück , noch einmal nach Bellinzona, aber diesmal die richtige Richtung finden, den Weg zum Gotthard. Im Reiseführer hatte ich schon vor langer Zeit von der alten Gotthardstraße gelesen, diese Straße wollte ich unbedingt befahren. Meine Hoffnung war, Airolo noch zu erreichen. Es ist mir nicht gelungen, irgendwann kommt immer mal wieder die Zeit, wo sich die Beine melden und dann muss der Wille gehorchen, in Faido war es so weit und so habe ich auch dort ein Bett gesucht und gefunden.
Das Wetter blieb mir treu und so wollte ich nun den Gotthard schaffen, aber nicht immer kann man seinen Plan einhalten (musste ich auch nicht, war ich doch unterwegs allein), und so habe ich in Piotta die Bremse angezogen. Schon von weitem war die Standbahn zu sehen und das habe ich mir nicht nur aus der Ferne angesehen, sondern auch aus der Nähe, und dann habe ich eine Fahrt gebucht. Im Reiseführer ist zu lesen:
Die Fahrt mit dem Ritom-Bähnli bietet Nervenkitzel: Die steilste Standseilbahn Europas scheint beinahe nach hinten zu kippen, wenn sie die 88% Steigung von Piotta nach Piora überwindet.
Dass ich mir das nicht entgehen ließ war selbstverständlich. Dadurch bedingt musste der Gotthard noch einen Tag länger warten, und ich übernachtete in Airolo. Ein schönes Erlebnis sollte mir noch zuteil werden: Bei einem gemütlich Bier vor meiner Unterkunft fuhr diese alte Postkutsche vorbei, Fahrer und Beifahrer in Originalkleidung der damaligen Postfahrer über den Gotthard nach Andermatt.


Postkutsche in  Airolo gesehen

Solch schöne Gespanne gibt es nicht mehr oft zu sehen, auch das Posthorn hörte sich original an. Am späteren Abend hat sich noch ein kleines Gewitter entladen und die Berge mit Nebel und Wolken verhüllt


 Nach einem Gewitter bei Aiorolo

Der Gastwirt war Frühaufsteher und so konnte ich früh auf die Strecke gehen. Auf gepflasterten und teilweise geteerten Straßen ging es bergauf. Die Luft war angenehm durch das abendliche Gewitter, und so kam ich gut voran. Über den Gotthard führen zwei Straßen, die bereits erwähnte alte Straße die im oberen Teil „Val Tremola = Tal des Zitterns“ genannt wird und eine neue betonarmierte Straße für schnelle Motorfahrzeuge. So war der Verkehr auf der alten Straße, verhältnismäßig gering, nur Radlfahrer und ab und zu ein Motorrad oder ein Auto. Ich kam gut voran, die Sonne wurde wärmer, und der Schweiß lief in Strömen.


                Anlage der schweizer Armee,
hier treffen alte und neue Passstraße zusammen
 
Dann hatte ich ein Erlebnis der besonderen Art. Ein Auto fuhr vorbei, hielt an, und zwei Junge Menschen bewunderten die herrliche Landschaft. Als ich näher kam, hatte der Mann es so eingerichtet, daß wir uns auf der Brücke trafen und er erbot sich, mein Gepäck mitzunehmen und am Gotthard abzuladen, damit ich die 37 Haarnadelkurven leichter überwinden konnte.

Val Tremola,   Tal des Zitterns

Er hat sich ausgewiesen und im Gespräch erfuhr ich, er wollte nach Bern, musste also über Hospenthal und den Furkapass fahren. Da ich in Hospenthal in der Jugendherberge angemeldet war kamen wir überein, dass er dort das Gepäck abstellen sollte. Es stand in Reih und Glied auf der Bank als ich ankam. Nochmal ein herzliches Danke.
Geschichtsträchtig ist diese Nord-Süd Verbindung schon, so steht im Fremdenführer unter anderem:
Von 1615 an überquerte wöchentlich ein Postbote des Pass, und ab 1840 fuhr täglich eine Postkutsche. Selbst im Winter wurde der Pass offen gehalten. Über 100 Wegmacher und Schlittenknechte fanden dabei Arbeit.Im 18. Jh. wanderten jährlich über 16.000 Kaufleute, Wallfahrer, Naturforscher, Soldaten, Arbeiter, Abenteurer, Viehhändler und Staatsmänner über den Pass, und eine Wanderung über den Gotthard gehörte zum Pflichtstoff eines jeden Bildungsreisenden. Die Veloroute führt sie durch das Val Tremola (Tal des Zitterns), wo die mit Steinen gepflästerte Straße mit 37 Haarnadelkurve fast 1000 Höhenmeter überwindet. Ursprünglich wurde sie 1830 als Kommerzialstraße für den Pferdewagenbetrieb gebaut. Die neue Passstraße ist für schnelle Motorfahrzeuge ausgelegt und führt in weiten, betonarmierten Windungen nach Airolo. Beide Straßen sind Ausdruck der technischen Möglichkeiten des Straßenbaus und der Mobilitätsansprüche ihrer Zeit. Dies zeigt sich insbesondere in ihrer unterschiedlichen Einbettung in die karge, alpine Landschaft.


Passo del S. Gotthardo 2108 m


Zitiert aus "Veloland Schweiz Band 1 Nord-Süd Route", Seite 109. Nun bin ich vor Begeisterung ein wenig abgeschweift. Aber die Tremola zu befahren ist schon etwas besonderes, vor allem dann, wenn nette Menschen das Gepäck übernehmen. Im oberen Teil hatte ich ein kleines Problem, es kam noch ein Gewitter und meine Regenkleidung war im Gepäck. Meine Kameras habe ich so gut wie möglich vor dem Regen geschützt, fotografieren und Filmen habe ich mich nicht mehr getraut.

Das Gewitter war nur von kurzer Dauer und schnell wurde es wieder trocken. Die Talfahrt nach Hospenthal war nicht so schnell, denn auch auf dieser Seite des Passes war die Straße zum großen Teil gepflastert und somit holprig, denn das Pflaster war deutlich älter als ich und hat in den Höhen auch mehr Schnee und Eis erlebt. Die Jugend-herberge in Hospemthal war mir schon vertraut, hier habe ich mit Martin 2001 schon geschlafen. Damals wollten wir über den Furkapass weiter-fahren, leider war der Pass über Nacht zugeschneit. An diesem Abend habe ich nur noch ein paar Gespräche mit Bekannten und Verwandten geführt und mich dann schlafen gelegt.
Die Nacht war ruhig und am anderen Morgen, der mit Sonnenschein begann, war ich zu neuen Eroberungen bereit. Mein Gepäck habe ich in der Jugendherberge gelassen, denn heute wollte ich den Furkapass erleben. Der Himmel zeigte kein Wölkchen, der Tag versprach warm zu werden, und der Berg war hoch. Auf der Karte hatte ich schon mal nachgeschaut, der Pass wird mit 2431 m Höhenmeter angegeben. Also, nicht lange zögern: Es gibt viel zu tun, packen wir's an! In Richtung Realp habe ich dann das kleinste Dorf der Schweiz kennen gelernt, „ZUM DORF“. Ist extra mit einem Schild als das kleinste Dorf der Schweiz gekennzeichnet. Wenn ich mich nicht verzählt habe, besteht der kleine Ort aus drei Häusern. Der nächst größere Ort ist dann schon Realp und ab hier heißt es dann auch schon klettern. An einigen Stellen habe wieder meinen Altersbonus eingesetzt, denn sehr schnell musste ich feststellen das ein Tag Pause zwischen den beiden Pässen nicht nur meinen Beinen gut getan hätte, der ganze Mann war doch noch ein wenig... na ja Sie wissen schon.

Die Ortschaft Realp, ab hier geht es wieder bergauf

Trotz der großen Anstrengung habe ich schöne Bilder gesehen und auch mitgebracht, leider ist es nicht möglich, sie alle hier zu zeigen, das würde den Rahmen sprengen. Langsam und sicher ging es bergan, gegen Mittag hatte ich die 2000 Meter- Grenze erreicht und habe eine Pause im Hotel Gallenstock eingelegt. Mit dem Koch des Hotels hatte ich ein lustiges Gespräch. Wie mir der Koch erklärte, war vor einigen Tagen ein älterer Mann mit dem Fahrrad den Furka hochgekommen. Er wohnte in diesem Hotel. Der Koch und ein Mitarbeiter des Hotels mussten dem Gast behilflich sein die Treppe hoch in sein Zimmer zu kommen. Der Gast war 70 Jahre alt. Mein Alter habe ich absichtlich nicht verraten, aber innerlich habe ich mich gefreut dass ich die Tour noch fahren konnte.

Hotel Galenstock

Vom Gallenstock konnte man die Passstraße einsehen und vom weiten sah es aus, als wäre der Rest des Weges bis zur Passhöhe schnell zu erreichen. Wieder ein Irrtum, es wurde noch richtig schwer. Wie schon erwähnt war die Ruhepause einer Nacht zwischen zwei Pässen zu wenig. Kurz vor dem Hotel Furkablick hatte ich einen leichten Schwächeanfall, und so beschloss ich, ab der Passhöhe umzukehren und auf den Rhonegletscher zu verzichten.


Am Furkapass, Hotel Furkablick 2431 m

Nachdem ich mich wieder einigermaßen erholt hatte, ging es dann wieder bergab. Auch bei der Talfahrt war Vorsicht geboten. Auf der Passstraße ist ein starker Verkehr und die Straße selbst ist nicht sehr breit. Realp habe ich dann doch recht schnell erreicht und auch hier noch eine kleine Erholungspause eingelegt ehe, ich dann nach Hospenthal zurückgefahren bin. Nach einem guten Duschbad ging es mir dann wieder besser, allerdings haben die Gelenke und auch die Muskeln sehr geschmerzt, mein Körper war sicherlich dicht an der Grenze des Möglichen angekommen und es bedurfte einer Änderung meiner Tour. Ein Abendspaziergang, etwas langsamer und etwas länger, aber sehr ruhig, hat mir dann geholfen mich wieder besser zu fühlen. Dann bin ich eingekehrt und habe gut gegessen und ausreichend getrunken. Die Nacht habe ich tief und traumlos geschlafen, den anderen Morgen konnte ich wieder ausgeruht und frisch begrüßen. Gepäck ordnen, am Fahrrad befestigen, ein schönes Frühstück einnehmen und dann wieder fahren. So endete mein Versuch, mehrere Schweizer Pässe zu überfahren,


wieder zurück in Realp

einen hatte ich noch vor mir, aber der war schon einmal von mir bezwungen worden und jetzt in umgekehrter Fahrtrichtung wollte ich die Schweizer Eisenbahn benutzen. Es geht weiter zum Oberalppass.